Barnards Pfeilstern
Im Jahr 1979 war
in Sky & Telescope ein Artikel über Barnards Pfeilstern, dem
Stern mit der größten bekannten Eigenbewegung von etwa
10"/Jahr
und einer Helligkeit von mag 9,5. Der Artikel enthielt eine
Aufsuchkarte, mit deren Hilfe sich der Stern (dicht bei 66 Oph)
leicht finden ließ. Ich hatte
damals ein Zeiss Sonnar Teleobjektiv mit f = 300 mm, Blende 4 und
fotografierte mit dem Film Kodak Tri-X Pan. Das Fotokorn lag so
bei 0,04 mm,
bei der Brennweite von 300 mm entsprach das etwa 28". Das
Gesichtsfeld des Objektivs betrug 6,9° x 4,6°, es war auf einer
paralaktischen Montierung
mit Teilkreisen befestigt.
Das Dynamax 8 Teleskop auf einem selbstgebauten Stativ, das die
Kamera mit dem 300 mm Zeiss Sonnar getragen hat. Unten im Stativ
die
Autobatterie und die Geräte zur elektronischen Nachführung.
Am 29. September
1979 machte ich zwei Fotos von der Umgebung von 66 Oph von der
Terasse unserer Wohnung in der Pinneberger Lindenstraße
mit der Absicht, einige Jahre später mit weiteren Fotos die
Eigenbewegung nachzuweisen. Aber dazu war es bisher nicht
gekommen.
Scan eines der Negative vom 29.09.1979 (2 Minuten belichtet) mit
66 Oph und Barnards Pfeilstern (Pfeil)
Ausschnitt 2,6° x 1,6°, die Auflösung beträgt 1800 dpi oder
0,014 mm/Pixel, mit f = 300 mm sind das 10".
Heute fotografiere
ich den Himmel mit einer Pentax K5 Kamera und dem Samyang f = 85
mm Objektiv, dabei entspricht 1 Pixel etwa 12" und mit einem
Programm wie Astrometrica lassen die Sternörter auf 1/10 Pixel
genau vermessen. Damit sollte die Eigenbewegung von Barnards
Pfeilstern schon nach
wenigen Monaten deutlich werden.
Ein erster
Vergleich könnte auch mit dem Bild von 1979 gemacht werden. Aber
leider zeigt Guide8 nur 27-28" entfernt von Barnards Stern
einen zweiten,
etwa gleich hellen Stern mit der Bezeichnung GSC 425 184 am
29.09.1979. Dieser Stern hätte durch seine Nähe eine genaue
Messung der Position von
Barnards Stern unmöglich gemacht. Glücklicherweise stellte sich
heraus, dass die Position von GSC 425 184 auf einer Fotoplatte
vom 24.06.1982 gemessen
wurde. Damals befand sich
Barnards Pfeilstern genau auf der Position von GSC 425 184. Der
Abstand von 27-28" entspricht genau der Eigenbewegung
von Barnards Stern vom 29.09.1979 bis zum 24.06.1982. Der
GSC-Stern ist also identisch mit Barnards Stern und kann nicht
bei der Positionsmessung stören.
Bevor ich anfing
neue Fotos zu machen, suchte ich in den zwischenzeitlich
gemachten Bildern nach passenden Aufnahmen. Da gab es eine Serie
von
25 Fotos vom Kometen 252P/LINEAR vom 17. April 2016 im Ophiuchus.
Nun ist das Sternbild des Ophiuchus (Schlangenträger) ziemlich
groß, aber 252P
war etwa an der richtigen Stelle und tatsächlich erschien in den
letzten beiden Aufnahmen der Serie der Stern 66 Oph am unteren
Bildrand. Damit war klar,
ich habe Aufnahmen mit der neuen Kamera von Barnards Pfeilstern
aus dem Jahr 2016.
Diese Aufnahmen
sind nun anders als damals. Damals war die Kamera auf einer
paralaktischen Montierung, ausgerichtet auf Bildern mit
Himmelsnord oben,
nachgeführt auf die Sterne, d.h. jeweils mit dem gleichen
Himmelsausschnitt..
Heute ist die Kamera auf einem einfachen Stativ, ausgerichtet mit
Zenit oben und die Nachführung erfolgt nicht durch die Bewegung
der Kamera, sondern
durch die Bewegung des Sensors bei feststehender Kamera. In einer
Serie von Aufnahmen verschiebt sich das das Sternmuster von Bild
zu Bild. Sterne
verschwinden auf einer Bildseite und andere kommen neu hinzu auf
der anderen Seite. Deswegen ist 66 Oph nur auf den letzten beiden
Bildern der Serie
vom 17.04.2016 am unteren Bildrand zu sehen.
Barnards Pfeilstern am 17.04.2016 (Summenbild von 2 x 15
Sekunden), Bild etwas vergrößert
Die beiden Bilder wurden nicht
mit der vollen Auflösung der Kamera gemacht, sondern mit
18"/Pixel
Hier der direkte Vergleich beider Aufnahmen (das zweite Bild gedreht und passend vergrößert):
Kantenlänge der Ausschnitte 1,4°
Das Ausmessen der Bilder mit Astrometrica ergab:
1979-09-23 RA = 17
57 49,59 De = +04 38 10,2
2016-04-17 RA = 17 57 47,67 De = +04 44 24,7
mit dRA = -1,92s
und dDe = +6' 14,5" oder 28,7" und 374,5",
zusammen sind das 375,6" Eigenbewegung in 36 Jahren und 7
Monaten.
Genau sind es 13356 Tage oder 36,568 Jahre. Daraus ergibt sich
eine Eigenbewegung von 10,27"/Jahr.
Aus den Hipparcos-Daten wurde eine Eigenbewegung von
10,36"/Jahr berechnet. Damit hat Barnards Pfeilstern in
36,568 Jahren tatsächlich
eine Strecke von 378,8" zurückgelegt. Meine Messung der
zurückgelegten Strecke ist also um 3,2" zu kurz. Das liegt
im Rahmen der
erwarteten Meßfehler von 1/10 Pixel.
Guide8 errechnet
aus den Hipparcos-Daten folgende Positionen für die beiden
Bilder (dabei ist auch die jährliche Parallaxe von 0,545"
berücksichtigt,
der Stern ist nur 5,9 Lichtjahre entfernt):
1979-09-23 RA = 17
57 49,54 De = +04 38 06,8
2016-04-17 RA = 17 57 47,66 De = +04 44 24,6
Die zweite
gemessene Position ist fast perfekt, die erste hat dRA = +0,05s
und dDe = +3,4", zusammen sind das 3,5". Der
Hauptfehler stammt hier
also (wenig überraschend) von dem grobkörnigen Kodak Tri-X Pan
Film. Bemerkenswert ist auch, dass die 30 Sekunden Aufnahme von
2016 mehr
Sterne zeigt als die 120 Sekunden Aufnahme von 1979. Dabei war
die Öffnung der Linse im Jahr 1979 ganze 75 mm groß und im Jahr
2016 dann
bei f = 85 mm und Blende 2 nur noch 42,5 mm groß. Mit einer
kleineren Linse und kürzerer Belichtungszeit lassen sich heute
bessere Bilder machen.
Rainer Kracht, 25.10.2017
Ergänzung am
06.11.2017
Es hat einige Tage gedauert bis das Wetter mitspielte und ich ein
aktuelles Foto von Barnards Pfeilstern und seiner Umgebung machen
konnte.
Sternfeld im Ophiuchus, Ausschnitt 5,4° x 5,4°, Barnards
Pfeilstern mit einem kleinen Pfeil markiert.
Guide 8-Karte mit Sternen bis mag 8
Übersicht mit Sternen bis mag 6