TYC 607 778 und TYC 606 1386

Das waren zunächst Vergleichs - und Prüfstern am 07.11. mit 10,158 ± 0,050 mag (B-V = 0,587) und 9,427 ± 0,035 mag (B-V = 1,241) laut Tycho-Katalog. APASS hat für den Vergleichsstern 10,162 ± 0,097 mag und B-V = 0,556 mag. Für den Prüfstern fehlt Johnson-V im APASS, Johnson-B ist 10,672 ± 0,094 mag, mit dem Tycho B-V ergibt sich daraus V = 9,431 mag.

Der Vergleich Comp-Check fiel so aus:

Gleitende 3er-Mittel der Helligkeiten (mag) von TYC 607 778 minus TYC 606 1386 am 7.11.
Auf der waagerechten Achse ist die Nummer der Bildserie aufgetragen

Mindestens einer der beiden Sterne ist nicht konstant, aber beide finden sich nicht im International Variabel Star Index (VSX) der AAVSO. Das ist ein überraschendes Ergebnis. Um herauszufinden was da los ist, habe ich die Helligkeiten der vorher benutzten Vergleichs- und Prüfsterne in den Bildern vom 7.11. verglichen:


Gleitende 3er-Mittel der Helligkeiten (mag) von TYC 607 1083 minus TYC 607 570 am 7.11.
Der Mittelwert der Differenzen ist -0,116 ± 0,013 mag (Standardabweichung)

Hier kann man von einer nahezu konstanten Helligkeit der beiden Sterne im Beobachtungszeitraum ausgehen.
Die TYC 607 1083 (B-V = 1,1) und TYC 607 570 (B-V = 0,5) haben ähnlich verschiedene Farben wie TYC 607 778 (B-V = 0,6) und TYC 606 1386 (B-V = 1,2).

Vergleicht man nun jeweils die Sterne mit fast gleichen Farben, so ergibt sich:


3er-Mittel von TYC 607 1083 minus TYC 606 1386, TYC 606 1386 zeigt sich als deutlich veränderlich gegenüber dem als konstant angesehenden TYC 607 1083


3er-Mittel von TYC 607 570 minus TYC 607 778, TYC 607 778 zeigt eine leichte Veränderlichkeit gegenüber dem als konstant angesehenen TYC 607 570

Diese leichte Veränderlichkeit zeigt sich auch im direkten Vergleich (der Absolutwerte) der instrumentellen Helligkeiten:

3er-Mittel der Absolutwerte der instrumentellen Helligkeiten von TYC 607 570 (schwarz), TYC 607 1083 (rot) und TYC 607 778 (blau) am 07.11.2018

Die roten und die schwarzen Meßwerte verlaufen nahezu parallel mit einem Anstieg von knapp 0,1 mag. Dieser Anstieg ist durch die differenzielle Extinktion bedingt. Im Beobachtungszeitraum stieg die Höhe der Sterne von etwa 33,3° auf 45,3°, was eine Abnahme der airmass um 1/sin(33,3°) - 1/sin(45,3°) = 0,4145 bedeutet und zu einer Steigerung der instrumentellen Helligkeit um etwa 0,4145 * 0,219 mag = 0,09 mag führte.

Für die blauen Meßwerte zeigt sich ein zusätzlicher Anstieg um eine knappe zehntel Magnitude. Das ist mehr als die Unsicherheit der Meßwerte erwarten läßt. TYC 607 778 scheint also auch variabel zu sein.

Nun erscheint es aber sehr unwahrscheinlich, daß ich bei meinen ersten Messungen gleich zwei neue Veränderliche entdeckt habe (einen davon sogar mit recht großer Amplitude). Einen Hinweis darauf, was da falsch sein könnte, liefern die Messungen vom 02.11.2018 bei denen die letzten sieben Bildserien mit 400 statt mit vorher 300 gain gemacht wurden.


Helligkeiten von TYC 606 1386 am 02.11.2018 (ungeglättete Meßwerte)
Vergleichsstern ist TYC 607 1083 (10,2 mag)

Die ersten 18 Helligkeitswerte (mit 300 gain) haben ein Mittel von 9,44 ± 0,02 mag, die Tycho-Helligkeit des Sterns ist 9,427 ± 0,035 mag - das passt also perfekt. Die folgenden 7 Werte (mit 400 gain) sind deutlich zu schwach und zeigen einen Trend. Anscheinend ist 400 gain hier ungeeignet für den Vergleich von einem Stern von 9,4 mag mit einem Stern von 10,2 mag.

Hier der Vergleich mit einem Stern von 9,3 mag:

Helligkeiten von TYC 606 1386 am 02.11.2018 (ungeglättete Meßwerte)
Vergleichsstern ist TYC 604 226 (9,32 ± 0,04 mag)

Die ersten 18 Helligkeitswerte (mit 300 gain) haben ein Mittel von 9,48 ± 0,01 mag aber dann gibt es auch hier einen (kleineren) Sprung.

Fazit: Mit 300 gain verschwindet die Variabilität von TYC 606 1386. Warum mit 400 gain Sprünge und Trends auftreten ist nicht klar. Möglicherweise liegt das an der geringen Dynamik bei 400 gain ( 6,5 stops, full well 340 e-). Mit dynamic range = full well / read noise ergibt sich dynamic range = 340/3,7 = 92 (2^6,5 = 91).

Um größere Helligkeitsunterschiede zu messen ist eine größere dynamic range (dr) erforderlich. Für 300 gain ist dr = 1060/3,7 = 286 und für 200 gain ist dr = 3350/3,7 = 905. Mit 100 gain steigt die dynamic range auf dr = 10490/4,4 = 2384, aber dann werden 2,6 Elektronen gebraucht um eine Flux-Einheit (ADU) zu generieren (d.h. die vom Sensor gesammelten Informationen werden unvollständig übertragen). Der ideale Wert von 1 e-/ADU wird laut Handbuch der Kamera mit 189 gain erreicht.

Der Sensortest mit SharpCap 3.1 liefert ein ähnliches Ergebnis:

waagerecht: gain, senkrecht e-/ADU, 1 e-/ADU bei 186 gain

Eine weitere, wichtige Größe ist die "full well capacity" (fw). Wenn die Kamera mit 200 gain betrieben wird, dann ist fw = 3350 e-. Wenn ein Signal von 1600 e- (etwa in der Mitte des fw) ausgelesen wird soll ein Rauschen von Wurzel(1600) = 40 e- vorhanden sein. Das entspricht einem Fehler von 2,5% oder 0,025 mag. Für einen Fehler von 0,01 mag (1%) werden 10000 e- gebraucht (Wurzel(10000) = 100, 100/10000 = 0,01).

Mit fw = 3350 e- bei 200 gain geht eine Genauigkeit von 0,01 mag nicht mit einem Pixel. Nun wird das Licht eines Sterns ja auch nicht auf ein einziges Pixel abgebildet. Die notwendigen mindestens 10000 e- werden aber mit 10 x 1000 e- oder 20 x 500 e- erreicht.

Bei 200 gain wird ein ADU von 0,82 e- erzeugt. 10000 e- liefern damit 12195 ADU also mag(instr) = -10,215 und 10100 e- liefern 12317 ADU mit mag(instr) = -10,226.

Die praktische Frage ist nun: wieviel Belichtungszeit braucht z.B. ein Stern von 9 mag bei 200 gain mit dem Samyang 85 mm f/1,4 Objektiv für einen Fehler von ± 0,01 mag bei der Helligkeitsmessung?

Der Stern 8 bei XX And hat laut Tycho-Katalog eine Johnson V Helligkeit von 9,045 ± 0,024 mag.

Summenbild der Grün-Kanäle von 30 x 2 Sekunden am 01.10.2018
ASI 174 MCC bei 200 gain und Samyang 85 mm f/1,4

Das erste Einzelbild (Belichtung 2 Sekunden) liefert für Stern 8 (sky subtracted) 6671,5 ± 120,3 ADU oder mag(instr) = -9,5606 ± 0,0196 mag mit dem Aperture Photometry Tool (APT). Bei der Bildaddition sinkt der Fehler mit der Wurzel aus der Anzahl der addierten Bilder (wenn keine anderen Fehler hinzukommen). Für die Halbierung des Fehlers auf ± 0,01 mag werden dann 4 Bilder von je 2 Sekunden gebraucht, Mit 16 Bilder von je Sekunden sollte der Fehler auf etwa ± 0,005 mag sinken. Tatsächlich mißt APT im Summenbild 30 x 2 Sekunden für Stern 8 eine Helligkeit von mag(instr) = -13,2365 ± 0,0052 mag.

Für Stern 9 (10,411 ± 0,060 mag laut Tycho) gibt das Einzelbild mag(instr) = -8,2041 ± 0,0515 mag und das Summenbild gibt mag(instr) = -11,8593 ± 0,0117 mag.

Für Stern 4 (7,868 ± 0,019 mag laut Tycho) gibt das Einzelbild mag(instr) = -10,6565 ± 0,0095 mag und das Summenbild gibt mag(instr) = -14,3660 ± 0,0019 mag.

Fazit: Für eine Genauigkeit von ± 0,01 mag wird hier bei einem Stern von 7,9 mag eine Belichtungszeit von 2 Sekunden gebraucht, für einen Stern von 9,0 mag sind es mindestens 8 Sekunden, für einen Stern von 10,4 mag sind es mindestens etwa (1,17*1,17*30 =) 41 Sekunden (mit der ASI 174 MCC bei 200 gain und dem Samyang Objektiv).

Die instrumentelle Helligkeit von Stern 4 (7,9 mag) im Einzelbild beträgt -10,6565 mag, das sind 18307 ADU verteilt auf etwa 30 Pixel. Das sind durchschnittlich nur 610 ADU/Pixel (500 e-/Pixel)l, also weit entfernt von fw = 3350 e-. Aber im RAW-Bild hat das hellste Pixel des Sterns 2244 ADU (1840 e-), das ist schon 55% der Sättigung des Sensors. Hellere Sterne als etwa 7,5 mag sind nicht mehr messbar bei einer Belichtungszeit von 2 Sekunden bei 200 gain (Sättigung bei etwa 7,2 mag).

Bei den ersten Einzelbildern vom 02.11.2018 mit 300 gain zeigt der Stern TYC 607 470 mit 9,090 mag Sättigung (4094 ADU). Der am 7.11. anfangs benutzte Prüfstern TYC 606 1386 mit 9,427 mag hatte im ersten Bild im RAW-Bild das hellste Pixel mit 2260 ADU. Hier liegt die Grenze für die noch brauchbare Helligkeit bei Messungen mit einer Belichtungszeit von 2 Sekunden bei 300 gain bei etwa 9,3 mag.

In den späteren Einzelbildern vom 02.11.2018 mit 400 gain ist auch TYC 606 1386 (9,4 mag) saturiert, ebenso TYC 607 770 (10,158 mag), TYC 607 1083 (10,167 mag) und TYC 607 570 (10,336 mag). Damit sind alle bisher benutzten Vergleichs- oder Prüfsterne bei 400 gain unbrauchbar. Die Grenze zur Sättigung ist mit TYC 607 550 bei 10,644°/+10,453° gut definiert. Dieser Stern hat eine Helligkeit von 10,358 mag und zeigt als hellstes Pixel im vorletzten RAW-Bild 3750 ADU, d.h. die Grenze zur Sättigung ist bei 10,34 mag mit Messungen mit einer Belichtungszeit von 2 Sekunden bei 400 gain (und brauchbare Messungen sind jenseits von 10,5 mag.

Mit dem neuen Vergleichsstern TYC 607 700 (APASS 10,608 ± 0,040 mag) und dem Prüfstern TYC 604 12 (APASS 11,310 ± 0,080 mag) habe ich die Messungen vom 07.11.2018 wiederholt:


Gleitende 3er-Mittel mit angenommenen Unsicherheiten von ± 0,025 mag


Zum Vergleich die Lichtkurve mit dem saturierten Vergleichsstern (
TYC 607 1083 10,167 ± 0,059 mag),
der aber nur knapp über der Grenze zur Sättigung (10,34mag) war.

Die beiden Lichtkurven sind sich recht ähnlich. Die neue Lichtkurve mit dem schwächeren Vergleichsstern verläuft aber unregelmäßiger, eine Unsicherheit von ± 0,03 mag ist wohl passender. Obwohl für die beiden Lichtkurven verschiedene Vergleichsterne benutzt wurde, unterscheiden sich die Summen der gleitenden 43 3er-Mittel nur um 1,492 mag, also um durchschnittlich nur 0,0347 mag (1,492/43), obwohl die Standardfehler der beiden Sterne 0,040 und 0.059 mag sind. Mit der Verschiebung von 0,0347 mag können die beiden Lichtkurven verglichen werden:


Neue Messungen in Blau, alte Messungen (verschoben um +0,0347 mag) in Grün.
Durch die Sättigung des Vergleichssterns bei den alten Messungen ist die Amplitude deutlich kleiner.

FAZIT: Vergleichssterne sollten etwa die gleiche Helligkeit wie der Veränderliche haben. Schwächere Vergleichssterne führen zu größeren Fehlern der Messungen, helleren droht die Sättigung. Um auch hellere Vergleichssterne benutzen zu können, sollte die Dynamik möglichst groß sein. Bei etwa 200 gain ist die Dynamik am größten ohne das Informationen verloren gehen.

Mit einer Belichtungszeit von 2 Sekunden mit dem Samyang 85 mm, Blende 1,4 wird die Sättigung erreicht mit 200 gain bei 7,2 mag, mit 300 gain bei 9,3 mag und bei 400 gain bei 10,4 mag.