Erste Erfahrungen mit der Skywatcher AZ-GTi

Am 29.11.2021 habe ich in einer Bildserie von 40 x 15 sec mit dem Samyang 135 mm und der ASI 294 MC Pro auf der Merlin-Montierung die Wanderung der Bildmitte von Bild zu Bild mit Astrometrica gemessen. Das Ergebnis war ziemlich entäuschend:


Mintron: Wanderung der Bildmitte in jeweils 15 sec von Bild zu Bild in Bogensekunden, links in Rektaszension und rechts in Deklination

Nun gut, der Fehler liegt meist unter 20 Bogensekunden und das Seeing war bei rund 27" (mit der Kamera auf dem Fensterbrett über der Heizung). Da war von den Fehlern der Nachführung in den Bildern nicht viel zu sehen. Bei längeren Belichtungen und/oder besseren Seeing könnte es dann schon schwierig werden mit der Qualität der Bilder. Aber in den zweieinhalb Jahren, in denen ich die Merlin benutzt habe, war ich ganz zufrieden mit den Ergebnissen.

Am 10. November 2021 hatte ich meine Merlin durch ein falsch angeschlossenes Kabel unbrauchbar gemacht. Die gezeigten Messungen sind von einem Ersatz des Geräts. Die neue Merlin hat aber nicht lange überlebt. Nach der Benutzung eines falschen Treibers verabschiedete sich die Höhensteuerung mit einem Getriebeschaden. Da mußte also etwas Neues her und das war die Skywatcher AZ-GTi:


Unten das alte Merlin Tischstativ. Darüber die AZ-GTi mit dem Samyang 135 mmm (und der ASI 294). Oben der Sucher ASI 120 mini.

Das Ganze ist deutlich niedriger als die alte Merlin. Bei der Merlin lag die Höhenachse etwa 30 cm über dem Fensterbrett, hier sind es noch 17 cm. Damit kann ich noch etwas weiter nach oben blicken. Und eine erste Bildserie am 19.12.2021 wieder auf den Delphinkopf etwa zur gleichen Zeit wie am 29.11. mit 40 x 15 sec zeigt eine deutlich bessere Nachführung als mit der zweiten Merlin:


AZ-GTi: Wanderung der Bildmitte in jeweils 15 sec von Bild zu Bild in Bogensekunden, links in Rektaszension und rechts in Deklination

Dabei war das "star alignment" relativ grob. Aber die Montierung lief mit der richtigen Geschwindigkeit in die richtige Richtung. Ich hatte in der SynScan App das "brightest Star alignment" ausgewählt mit Atair als erstem und Markab als zweitem Stern. Mit dem Fadenkreutz im Livebild von SharpCap habe ich diese Sterne zentriert - allerdings ohne das Bild zu vergrößern. Der Zoom stand auf "Auto" und das bedeutet sogar eine Verkleinerung des Livebildes. Ein anschliessendes GoTo delta Del in Stellarium ergänzt durch ein "Plate Solve/Sync" in SharpCap brachte dann das gezeigte gute Ergebnis in der Nachführung.

Diese erste Bildserie habe ich mit einem Gegengewicht in der Höhenachse gemacht (da gibt es ein M12 Gewinde für die Anbringung einer Gegengewichtsstange). Dabei zeigte sich, dass sich die Azimutachse trotz angezogener Azimutklemmung relativ leicht drehen ließ. Probeweise habe ich die Gegengewichtsstange abgebaut und siehe da, die Azimutklemmung funktioniert nun. Vielleicht braucht die Azimutklemme einen Druck auf die Azimutachse. In der paralaktischen Konfiguration der AZ-GTi ensteht dieser Druck durch die Schwerkraft, da ist dann ein Gegengewicht sinnvoll.

Meine Befürchtung war, dass die AZ-GTi mit dem Samyang 135 mm und der ASI 294 MC Pro auf der Seite (immerhin etwa 2,0 kg schwer) auf dem Merlin-Tischstativ ohne Gegengewicht umkippen würde - tut sie aber nicht.

Die AZ-GTi ohne Gegengewicht konnte ich am 21.12.2021 testen. Als Ziel hatte ich mir den Orionnebel im Südsüdosten ausgesucht (der Test am 19.12. zielte auf den Delphin im Südwesten, also auf der anderen Seite des Meridians). Aufgenommen habe ich eine Bildserie von 20 x 30 sec, also mit einer Verdopplung der Belichtungszeit der Einzelbilder aber in der Summe wieder 10 Minuten. Das Alignment habe ich wie am 19.12. gemacht mit Rigel als erstem und Hamal als zweitem Stern, anschließend ein GoTo M 42 und ein "Plate Solve/Sync" in SharpCap.


AZ-GTi: Wanderung der Bildmitte in jeweils 30 sec von Bild zu Bild in Bogensekunden, links in Rektaszension und rechts in Deklination

Wie erwartet ist die Verschiebung der Bildmitte von Bild zu Bild größer wegen der längeren Belichtungszeit. Sie bleibt aber in der Deklination stets kleiner als die Pixelgröße von 7,4". In der Rektaszension gibt es zwei Ausreisser, aber auch sie blieben im Bereich des Seeings, das hier bei 23" FWHM lag. Insgesamt war die Nachführung sehr zuverlässig. Vom ersten bis zum letzten Bild wanderte die Bildmitte nur 0,4" in Rektaszension und 3,4" in Deklination. Das Summenbild sieht so aus:


Ausschnit etwa 2 x 2 Grad vom Summenbild 20 x 30 sec mit dem Samyang 135 mm, f/2.0, und der ASI 294 MC Pro bei 120 gain und -10°C Sensortemperatur

Die Einzelbilder sind mit einem IR/UV-Sperrfilter aufgenommen, die Weiterverarbeitung geschah ohne Dark und Flat. Trotz des noch fast vollen Mondes 40 Grad hoch im Ostsüdosten ist da eine Menge zu sehen. Der Orionnebel stand 30 Grad hoch im Südsüdosten, die Lufttemperatur betrug -1°C und die relative Luftfeuchtigkeit lag bei 92%.