Eine neue 'Home Position' für die AZ-GTi

Die Home Position der AZ-GTi im AZ-Modus ist standardmäßig bei Az/h = (0,0). D.h. die Längsachse der Kamera ist waagerecht und zeigt nach Norden. Für Fotos von meinem Südfenster aus muß dann die Kamera um 180 Grad schwenken und dabei alle angeschlossenen vier Kabel (2x Strom, 2x Daten) richtig mitnehmen. Das kann gutgehen, muß aber nicht klappen.

Ein einfacher Weg, die Drehung um 180 Grad zu vermeiden, bietet das 'Brightest Star Alignment'. Leider ist die Auswahl des ersten Sterns auf Sterne der ersten Größenklasse beschränkt. Und Anfang Januar ist in den früheren Abendstunden kein Stern erster Größe von meinem Südfenster aus sichtbar (es zeigt nach SSW, der Orion wird erst spät sichtbar).

Einen Ausweg bietet die SynScan Pro App mit Utility/Hibernate. Damit kann die aktuelle Ausrichtung der Kamera als neue Home Position definiert werden. Danach darf die Ausrichtung der Kamera bis zum Ausschalten und bis zum nächsten Einschalten nicht mehr bewegt werden. Die neue Home Position wird in der Datei settings.txt gespeichert. Wenn man ohne 'hibernate' die Montierung ausschaltet, dann wird wieder die standardmäßige (0,0) als Home Position in die settings.txt. geschrieben. Es empfielt sich also eine umbenannte Kopie z.B. als settings_sued.txt anzulegen.

Wie erzeuge ich die Datei settings_sued.txt?

1.Ich wartet, bis ein Stern erster Größe an meinem Südfenster zu sehen ist, und mache ein 'Brightest Star Alignment'. Dann kann ich eine markante Horizontmarke anfahren, auf 'Hibernate' gehen und die Montierung ausschalten. Anschliessend kopiere ich die Datei settings.txt und benenne die Kopie um in settings_sued.txt.

2. Ich kenne schon eine markante Horizontmarke. Das ist bei mir die Giebelspitze des Nachbarhauses. Ein früheres Foto zeigt den Sternhimmel über dem Dach des Nachbarhauses. Daraus konnte ich für die Giebelspitze Az/h = (198/20) ermitteln.


Bild vom 14.02.2019 um 21:42:35 MEZ mit Mond über dem Orion. Aus Ort, Datum und Uhrzeit ergibt sich die Position der Giebelspitze

Damit mußte ich nicht auf einen Stern erster Größe im Südfenster warten. Ich habe die Kamera auf dem Schreibtisch so ungefähr nach Norden und waagerecht ausgerichtet. Dann die Montierung eingeschaltet, nach (198/20) gefahren und die aktuelle Position mit 'Hibernate' gespeichert.

Wie gut hat das funktioniert?

Am späten Abend des 4. Januar 2022 habe ich die so auf ungefähr auf (198,20) eingestellte Montierung auf die Fensterbank meines Südfensters gestellt und die Kameras eingeschaltet. Die Giebelspitze war sehr nahe der Bildmitte, nur das Azimut mußte leicht korrigiert werden. Danach habe ich die Montierung eingeschaltet und in Utility/Tracking sidereal ausgewählt. Dann habe ich die Kamera etwas höher gefahren und nach 'Align with Sync' in der SynScan App ein plate solve/sync mit SharpCap gemacht. Das hat gut funktioniert, die Bildmitte wurde als erste Referenz für das Himmelsmodell in der App angezeigt.

Ein anschliessendes GoTo Hamal (alpha Ari) funktionierte auch, aber ein plate solve/sync in SharpCap brach mit einer Fehlermeldung ab. Irgendwo gab es einen ungültigen Wert. Daraufhin habe ich mit der SynScan App ein 1-Star Alignment mit Beteugeuze als erstem Stern gemacht. Die Montierung fuhr zu Beteigeuze, der Stern wurde zentriert und die Rückmeldung war 'alignment sucessful'. Eine erste Referenz hatte die Montierung ja schon.

Als Ziel für eine Fotoserie hatte ich mir das vor zehn Tagen gestartete JWST ausgesucht, das inzwischen seinen Sonnenschirm entfaltet hatte. Die Koordinaten des JWST hatte ich von JPL Horizons. Der Ort war nicht weit von Beteigeuze entfernt, ich konnte den Ort des JWST einfach manuell anfahren. Mit dem Samyang 135 mm bei Blende 2,0 und der ASI 294 MC Pro bei 400 gain und -10°C Sensortemperatur habe ich eine Serie von 120 x 15 sec gemacht von 22:43 - 23:14 MEZ.


Ausschnitt vom Summenbild (19' x 19') addiert auf das JWST, vierfach vergrößert, zentriert auf das JWST (Pfeil)
Das JWST war 894000 km von Elmshorn entfernt, also schon weit jenseits der Bahn des Mondes.

Das hat gut geklappt. Die visuelle Grenzgröße für ein SNR von 3 liegt im auf die Sterne addierten Summenbild bei 17 mag. Das JWST ist hier etwa 16 mag hell.

Was ist damit erreicht?

Mit der Home Position im Süden hat die Montierung auf dem Fensterbrett des Südfensters beim Einschalten schon ein einfaches Himmelsmodell, d.h. sie weiß in etwa wohin die Kamera blickt. Und damit ist ein plate solve/sync mit SharpCap möglich. Das ist einfacher und genauer als das manuelle zentrieren eines Referenzsterns.

Weitere Landmarken (West- und Ostfenster)


Bild vom 14.02.2019 um 21:44:33 MEZ. Rechts der Mars, der hellste Stern im linken Bildteil ist alpha Ceti.
Die Schornsteinspitze ist bei AZ/h = (245°/8°) und ist sowohl vom Süd- als auch vom Westfenster aus sichtbar.
Hier der Blick vom Südfenster. Ausrichtung gespeichert als settings_sw.txt.


Bild vom 14.02.2019 um19:32:04 MEZ. Blick aus dem Westfenster nach Westen. Die Schornsteinspitze des
Hauses am linken Bildrand (Pfeil) ist bei Az/h = 259°/2°. Ausrichtung gespeichert als settings_west.txt.


Bild vom 14.02.2019 um 22:50:49 MEZ. Der helle Stern ist Arcturus (alpha Bootis)
Der rechte Schornsteinrand am Dachfirst (Pfeil) ist bei (86°/5°). Ausrichtung gespeichert als settings_ost.txt.

Wie geht das nun mit den drei Fenstern?

Die Dateien settings_west.txt und settings_ost.txt habe ich mit der Montierung auf dem Schreibtisch erzeugt, ausgehend von der vorhandenen Ausrichtung der Montierung auf das Südfenster und den bekannten Az/h der Landmarken für die beiden anderen Fenster. Der praktische Einsatz geht nun so:

1. Montierung mit Kamera auf das Fensterbrett stellen.
2. Montierung einschalten, verbinden und auf die passende Landmarke ausrichten.
3. Montierung ausschalten und die passende settings_xxx.txt kopieren und umbennenen in settings.txt
4. Montierung einschalten, verbinden und ein erstes plate solve/sync durchführen (oder sync von Stellarium)
5. Ein zweites Sync mit SharpCap oder Stellarium scheitert aus einem unbekannten Grund. Aber ein 1-Star Alignment mit der SynScan Pro führt dann zu einem 'alignment sucessful'.

Ein weiteres Ergebniss

Mit der alten Merlin-Montierung habe ich immer ein zwei Sterne-Alignment gemacht. Um den ersten Stern am Himmel leicht zu finden, habe ich dazu die ASI 120 mini bei f = 7 mm mit ihrem großen Gesichtsfeld benutzt. Das ist nun mit einem Start an einer bekannten Landmarke nicht mehr nötig. Mit einer Landmarke (zusammen mit Ort, Datum, Uhrzeit) ist ja schon ein einfaches Himmelmodell vorhanden . Das Samyang f = 135 mm Objektiv hat mit der ASI 294 MC Pro Kamera ein Gesichtsfeld von 8,3° x 5,5°, das ist mehr als genug um eine Landmarke zu zentrieren und anschließend ein Sterne-Alignment zu realisieren. Die ASI 120 mini wird nicht mehr gebraucht, um einen ersten Stern zu finden. Ein einfaches plate solve/sync in der Nähe der Landmarke genügt um das Alignment zu starten.

Die ASI 120 mini braucht nun kein Kugelgelenk mehr, um sie exakt auf die Bildmitte der Hauptkamera auszurichten.


Ich habe sie einfach mit einer Doppelklemme auf eine Gewindeschraube in der Höhenachse montiert.