Ein erstes Spektrum mit dem Star Analyser 200

Um ein schön langes Spetrum zu erhalten kann man eine lange Brennweite oder einen großen Abstand des Gitters vom Sensor benutzen. Lange Brennweiten erfordern aber eine bessere Nachführung als kurze. Deshalb habe ich mal versucht mein Samyang 135 mm f/2 zu benutzen. Das Gitter kann bequem in der vorhandenen Filterschublage (im Adapter zur ASI 284 MC Pro) untergebracht werden. Dort hat das Gitter einen Abstand von 26 mm zum Sensor. Die Pixelgröße des Sensors beträgt 4,63 Mikrometer, die Bayermatrix ist also etwa 9,3 x 9,3 Mikrometer groß. In dieser Matrix gibt es ein blaues, ein rotes und zwei grüne Pixel. Dadurch enstehen Lücken im blauen und im roten Bereich des Spektrums (auch grün gibt es nicht überall). Debayert man die vier Pixel der Bayermatrix zu einem RGB-Pixel verschwinden die Lücken und die Bildgröße verkleinert sich auf 2072 x 1411 Pixel.

Eine Rechnung mit dem "Grating To Sensor Calculator" ergibt für diese Konfiguration (f = 135 mm, Abstand zum Sensor 26 mm, Pixelgöße 9,3 Mikrometer) einen Abbildungsmaßstab von 1,8 nm/Pixel. Ein Spektrum von 400 bis 900 nm ist also (900 - 400) / 1,8 = 278 Pixel lang. Das paßt bequem auch in das Bild von 2072 x 1411 Pixel.

Am 13. März 2023 konnte ich in einer Wolkenlücke ein erstes Spektrum von Beteigeuze (alpha Ori) aufnehmen. Zum Fokussieren des Spektrums habe ich die Kamera auf 400 gain und 0,1 sec Belichtungszeit eingestellt. Spektrallinien konnte ich nicht sehen, also habe ich versucht das Spektrums möglichst schmal zu machen. Danach habe ich eine Serie von Bildern mit 120 gain und 2 sec Belichtung gemacht. Von dieser Serie habe ich 10 Bilder in Fitswork addiert mit der Option "Bayer, schnelle Vorschau, halbe Größe", die die Bayermatrix auf ein Pixel reduziert.

Die Zentrallinie des Spektrums habe ich dann mit Fitswork verbreitert und die Pixelwerte ausgelesen. Das Ergebnis sieht so aus:


Das Spektrum (Gauss geschärft) über der Pixellinie, vierfach vergrößert

Bei einem Vergleich mit dem Spektrum bei www.schuelerlabor-astronomie.de fand ich die terrestrische O2-Bande (Fraunhofer A 760,5 nm) in meinem Spektrum und konnte danach auch zwei TiO-Banden und NaI (589 nm) in meinem Spektrum identifizieren. Aus der Differenz der x-Werte (193 -97 = 96) erbibt sich der Abbildungsmaßstab als (760,5 - 589) / 96 = 1,786 nm/Pixel. Das stimmt überein mit dem Ergebnis des "Grating To Sensor Calculator", das 1,8 nm/Pixel ergab. Für x = 0 ergibt sich eine Wellenlänge von 589 - 97 x 1,786 = 416 nm. Damit ist die Zuordnung von Pixel-x-Werte zu Wellenlänge = Pixel-x mal 1,786 nm + 416 nm. Aus x = 300 wird so 952 nm. Das Gitter ersetzt den UV/IR-Sperrfilter in der Filterschublade, der nur etwa 420 - 680 nm durchläßt.

Die TiO-Banden sind typisch für die Spektralklasse M (Beteugeuze ist klassifiziert als M0).

Soweit gut. Aber das Ergebnis zeigt auch, dass die terrestrische O2-Bande recht deutlich im Spektrum zu sehen ist. Was passiert, wenn ich auf die O2-Bande fokussiere?

15.03.2023

Das konnte ich schon zwei Tage später ausprobieren. Hier das Ergebnis, ein Einzelbild 2 Sekunden belichtet, ungeschärft. Da hat das Fokussieren tatsächlich besser geklappt.


Das Spektrum über der Pixellinie, vierfach vergrößert

Die terrestrische O2-Bande ist klar definiert. Eine genauere Messung der Dispersion ergibt sich aus dem Abstand zum Stern im Originalbild. Der Abstand beträgt 404 Pixel, mit einer Wellenlänge von 760,5 nm für die O2-Bande ergibt sich eine Dispersion von 1,882 nm/Pixel. Der Abstand Gitter-Sensor ist demnach nicht 26 mm, sondern nur 24,6 mm.

Das große Gesichtsfeld der Kamera zeigt außer dem Spektrum von Beteigeuze auch die Spektren von anderen Sternen. Der hellste davon ist my Ori (V = 4,2 mag, Spektraltyp A2).
Hier das Spektrum von my Ori mit der Addition 30 x 2 sec (Gauss geschärft):

Da sind eine Menge Linien oder Banden zu sehen, aber welche sind das? Zu welchen Elementen gehören sie?

Nun, der helle Streifen etwas rechts von der Mitte des Spektrums stammt vom zero-order Bild eines Nachbarsterns, gehört also nicht zum Spektrum von mu Ori. (Da muß man die Kamera drehen um ein sauberes Spektrum von mu Ori zu bekommen.) Die dicke, dunkle Linie ein Stück weiter rechts ist die terrestrische O2-Bande.

Zur Kalibrierung des Spektrums habe ich mal einen ersten Versuch mit dem Programm VisualSpec gemacht:

kalibriertes Spektrum (Gauss geschärft) von my Ori, vierfach vergrößert. Markiert ist die Hß-Linie bei 4861 A.

Am 15.03.2023 habe ich auch ein Spektrum von Aldebaran aufgenommen. Ein Einzelbild 2 sec belichtet bei 120 gain sieht kalibriert mit VisualSpec so aus:


Das Spektrum über der Pixelllinie, vierfach vergrößert
Die terrestrische O2-Bande bei 7605 A (markiert) ist klar zu erkennen.

Ein weiterer Stern, den ich am 15.03. aufgenommen habe war Rigel (beta Tau):


Rigel-Spektrum 4000 -8000 A von 30 x 2 sec mit der ASI 294 MC Pro, Samyang 135 mm f/2 und SA200

Die blaue Linie zeigt das aufgenommene Spektrum, daraus habe ich das Kontinuum extrahiert (orange Linie). Die Division des Spektrums durch das Kontinuum ergibt die grüne Linie.
Markant ist dort die O2-Bande mit dem Minimum bei etwa 7600 A. Auffällig ist auch eine Emission bei etwa 7070 A, die zu einfach ioniersiertem Argon paßt. Das könnte von
Argon in
Leuchtstofflampen
stammen, die den Elmshorner Himmel beleuchten.

Die blaue Linie zeigt aber nicht das wirkliche Rigel-Spektrum, sondern nur was die ASI 294MC Pro davon sieht. Der Sensor ist für die verschiedenen Wellenlängen unterschiedlich
empfindlich und verändert so das Spektrum. Tatsächlich sieht ein Referenzspektrum von Rigel ganz anders als das aufgenommene Spektrum aus:


Die blaue Linie zeigt wieder das aufgenommene Rigelspektrum, die zweite Linie (purple) zeigt das Referenzspektrum (B8I).

Man kann kaum glauben, dass das Spektren vom selben Stern sind. Das Referenzspektrum zeigt ganz klar die Balmerlinien bei 4340 A (H_gamma) und 4861 A (H_beta). Die Auflösung beträgt hier 19 A/Pixel, die Abweichungen der Meßwerte in der Grafik von den theoretischen Werten sind also kleiner als ein Pixel und bestätigen die annähernd korrekte Kalibrierung der Spektren. Aber im aufgenommenen Spektrum sind diese Linien nicht sichtbar.

Wie kann man den nun von den aufgenommenen Spektren zu den "richtigen" Spektren kommen? Was muß man tun, um die Empfindlichkeit des Sensors für die verschiedenen Wellenlängen zu korrigieren? Die Antwort ist relativ einfach: Man dividiert das aufgenommene Spektrum durch das Referenzspektrum und glättet das Ergebnis durch die Extraktion des Kontinuums. Das sieht dann für das Spektrum von Rigel z.B. so aus:


Die Empfindlichkeit der ASI 294 MC Pro für die verschiedenen Wellenlängen 4000 - 8000 A (Response)
Das ist nur ein vorläufiges Ergebnis, die "Huckel" im linken Teil sind wohl nicht real.

Wegen der sehr unterschiedlichen Empfindlichkeit für die verschiedenen Wellenlängen haben die aufgenommenen Spektren von Beteigeuze, Aldebaran und Rigel eine ähnliche Form, nämlich das der Responselinie. Dividiert man nun das aufgenommene Spektrum von Rigel durch die Responselinie, so ergibt sich ein spektraler Verlauf, der dem des Referenzspektrums gleich ist:


Das Rigelspektrum nach der Division durch den Response des Sensors.

Drei Linien/Banden habe ich gemessen mit VSpec (Sollwerte in Klammern). H-beta 4883 (4861), ArII 7085 (7067) und das Minimum der O2-Bande 7626 (7605). Die gemessenen Werte sind etwa 20 A zu groß, das entspricht aber nur einem Fehler von einem Pixel (Auflösung 19 A/pixel) bei der Kallibrierung der Wellenlängen. Ob die H-beta-Linie echt ist, kann man wegen der Nähe zu den "Huckeln" nicht sagen.