Photometrie mit 120 gain

Mit dieser Einstellung liefert die ASI 294 MC Pro genau ein ADU für jedes gemessene Elektron. Damit sollte die Photometrie optimale.Ergebnisse liefern.

Am Abend des 30. März 2021 habe ich mit dem Samyang 135 mm Objektiv bei Blende 2 Testaufnahmen vom Sternfeld um U Geminorum gemacht. U Gem ist eine Zwergnova von gewöhnlich etwa 14. Größenklasse, die im Abstand von Monaten bis etwa 9 mag hell wird. In der Zeit von 22:42 - 22:52 MESZ habe ich 30 Bilder mit je 20 Sekunden Belichtungszeit gemacht mit 120 gain und einer Sensortemperatur von -10°C. Am Anfang stand U Gem 50,7° hoch im Südwesten, am Ende waren es noch 49,5°. Der Himmel war mondlos, die Lufttemperatur lag bei +8°C und die relative Luftfeuchtigkeit war bei 75%.

Die Rohbilder wurden mit den passenden Dark und Flat behandelt, der grüne Farbkanal extrahiert und das mittlere Viertel aus den Bildern ausgeschnitten (von 4144 x 2822 auf 2072 x 1410). Ausgewertet wurden die Bilder mit Astrometrica 4.12.0.448 und dem URAT-1 Sternkatalog mit der Auswahl von Sternen im Bereich 10,0 - 13,0 mag und einem Aperture Radius von 8 Pixeln. Zum direkten Vergleich mit U Gem wurde der Stern TYC 1375 309 gemessen. Er hat im Tycho-Katalog eine Helligkeit von 10,218 ± 0,042 mag.


Die Auswertung der 30 Bilder mit den gemessenen Helligkeiten von U Gem oben und TYC 1375 309 unten.

Der Mittelwert der gemessenen Helligkeiten ist für U Gem 9,780 ± 0,024 mag und für TYC 1375 309 10,241 ± 0,021 mag. Offenbar befand sich U Gem im Ausbruch. Dies wird bestätigt durch diesen Eintrag in der Datenbank der AAVSO für 22:51 MESZ am 30. März: U Gem 9,809 ± 0,009 V. Die Photometrie mit 120 gain scheint gut zu funktionieren. Die Ergebnisse für U Gem und TYC 1375 309 sind innerhalb von 1-sigma zu den erwarteten Ergebnissen.

Was sonst noch in den Daten ist

Astrometrica 4.12.0.448 liefert in der Log-Datei auch Werte für die Himmelshelligkeit und den instrumentellen Zero Point (ZP).


Himmelshelligkeit in mag/arcsec² (blau) und ZP - 2 mag (grün)

In den zehn Minuten der Messungen wurde der Himmel ganz langsam heller von 19,13 auf 19,04 mag/arcsec². In diesem Zeitraum sank die Höhe des Sternfeldes über dem Horizont um 1,2 Grad, es näherte sich also dem Stadtlicht von Elmshorn.

Der Mittelwert der gemessenen ZPs beträgt 21,284 ± 0,005 mag. Zum Vergleich mit den ZPs bei anderen Einstellungen der Kamera muß die Extinktion berücksichtigt werden. In 50 Grad Höhe über dem Horizont liegt die Extinktion tabellarisch bei etwa 0,37 mag, der korrigierte Meßwert ist 21,65 mag. Aus früheren Messungen mit anderen Einstellungen läßt sich für diese Bilder ein korrigierter ZP von 21,50 mag ableiten. Aus diesem Wert folgt hier eine tatsächliche Extinktion von 21,50 - 21,28 = 0,22 mag.

Bestimmung der Sättigungsgrenze

Für die Bestimmung der 95% Sättigungsgrenze (15564 ADU) habe ich in den Rohbildern 21 - 30 jeweils bei drei Sternen die Peak-ADUs gemessen. Die drei Sterne waren TYC 1375 521 (8,981 ± 0,023 mag), TYC 1925 939 (9,121 ± 0,026 mag) und TYC 1925 113 (8,833 ± 0,024 mag). Die größten Peak-ADUs waren 7640, 7051 und 8500. Daraus ergibt sich die Sättigungsgrenze zu 8,208/8,261 und 8,176 mag mit einem Mittelwert von rund 8,2 mag. Ohne Extinktion läge sie bei etwa 7,9 mag.

[Dieses Ergebnis ist unerwartet. Aus früheren Daten ergibt sich hier ein Wert von 10,55 mag!]

Bestimmung der Grenzgröße

Die Grenzgröße für ein SNR von 3 ergibt sich aus den Messungen von 41 Sternen zu 13,6 ± 0,4 mag [erwartet war 12,1 mag].


Ausschnitt 1,35° x 0,99° vom Summenbild (30 x 20 sec) in Originalgröße.
Die Satellitenspur oben links zeigt, dass der Fokus gut getroffen ist.

Der linke Pfeil zeigt auf U Gem, der rechte Pfeil zeigt auf einen kleinen Stern, der laut APASS Katalog eine Helligkeit von V = 15,830 ± 0,052 mag hat. Die Grenzgröße liegt hier jenseits von mag 16,0. Für die Einzelbilder liegt sie demnach jenseits von mag 14,0 was den Abstand zu den erwarteten 12,1 mag weiter vergrößert.

Fazit: Die Einstellung auf 120 gain liefert gute Helligkeitsmessungen (mit nur kleiner Streuung) und deutlich höhere Sättigungsgrenzen und tiefere Grenzgrößen als von den früheren Bildern mit höherer Verstärkung erwartet.

Ein Vergleich von 1 x 20 sec und 120 gain mit 10 x 2 sec und 570 gain

Direkt vor und nach den 30 Bildern mit 120 gain habe ich das gleiche Sternfeld mit 570 gain belichtet. Erwartet hatte ich rechnerisch eine Verbesserung der Grenzgröße um (570 - 120) * 0,0125 mag = 5,625 mag. Diese Rechnung ging nicht auf:


Links ein Einzelbild mit 20 sec Belichtung und 120 gain, rechts ein Summenbild mit 10 x 2 sec Belichtung und 570 gain (Hintergrund angepaßt)

Die Bilder unterscheiden sich nur wenig. Im Nachhinein ist das keine Überraschung, ist doch die gleiche Lichtmenge auf denselben Sensor gefallen. Aber die Sterne im rechten Bild haben größere SNR-Werte als die Sterne im linken Bild. Für ein SNR von 3 liegt die Grenzgröße im linken Bild bei 13,56 ± 0,39 mag und im rechten Bild bei 14,67 ± 0,35 mag.

Für meine Bilder vom Virgohaufen mit 400 gain hatte ich dieses Ergebnis für die Grenzgrößen abgeleitet:

visuelle Grenzgröße = 14,0 + 2,5 mag * LOG10(Wurzel(bzeit)) mit bzeit = Belichtungszeit in Sekunden.

Für eine Belichtungszeit von 20 sec folgt daraus eine Grenzgröße von 15,6 mag. Das ist etwa eine Größenklasse besser als mit 570 gain und zwei Größenklasssen besser als mit 120 gain. Wie die Grenzgröße von der Gain-Einstellung abhängt ist bisher nur lückenhaft bekannt. Serien von 30 x 10 sec mit verschiedenen Gain-Einstellungen vom gleichen Sternfeld am selben Abend sollten das klären.