Warum ist der Himmelshintergrund so ungleichmäßig?
Am 25. April 2021
habe ich Bilder mit der ASI 294 MC Pro und dem Samyang 135 mm
Objektiv bei Offenblende mit einer
Belichtungszeit von 20 Sekunden bei 300 gain und -10°C
Sensortemperatur gemacht. Ein Ausschnitt von einem Einzelbild
sieht nach Dark und Flat so aus (grüner Farbkanal, vergrößert
auf 400%):
Die Struktur des
Himmelshintergrundes ist unerwartet, da der Himmel - jedenfalls
in diesem kleinen Ausschnitt - gleichmäßig hell ist.
Zum Vergleich hier der gleiche Ausschnitt vom Einzelbild ohne
Dark und Flat, nur debayert und der grüne Farbkanal extrahiert:
Die Struktur des
Himmelshintergrundes sollte mit Dark und Flat verschwinden. Das
hat hier bei einigen hellen Pixeln auch gut geklappt,
z.B. bei dem hellen Pixel am linken, unteren Bildrand und auch
bei dem hellen Pixel direkt links von dem Stern in der Mitte. Bei
genauerem
Hinsehen fällt aber ein Muster von nicht ganz so hellen Pixeln
links unterhalb des Sterns in der Mitte auf, das nicht durch Dark
und Flat
entfernt wurde.
Ist das nun ein schlechtes Flat
gewesen oder rauscht der Himmelshintergrund so stark?
Zum Vergleich hier der gleiche Ausschnitt vom nächsten
Einzelbild ohne Dark und Flat, nur debayert und der grüne
Farbkanal extrahiert:
Die Sterne sind auf dem Sensor etwas weiter nach rechts gewandert
und das Muster der nicht ganz so hellen Pixel links unterhalb des
hellen Pixels links vom Stern in der Mitte ist verschwunden. Die
Muster entstehen offenbar durch Rauschen im Himmelshintergrund.
Vergrößerte Ausschnitte der beiden Bilder, in der Mitte das
helle Pixel neben dem Stern der in den Bildern oben in der
Bildmitte ist.
Das ist ein "hot pixel", das durch Dark und Flat
unkenntlich wird.
Messungen des Hintergrundes in den mit Dark und Flat behandelten Bildern
Im ersten Bild zeigt ein 2704
Pixel großes Gebiet links von dem Stern in der Bildmitte eine
durchschnittliche Helligkeit von 7710 ± 197 ADU
mit einem Minimum von 6995 ADU und einm Maximum von 8510 ADU. Das
Bild danach zeigt in einem 2856 Pixel großen Gebiet an der
gleichen Stelle eine durchschnittliche Helligkeit von 7715 ± 189
ADU mit einem Minimum von 7031 ADU und einm Maximum von 8484 ADU.
Die ADU-Werte gehen bis 16383, der
Himmel ist hier also recht hell - der Mond war zu 92% beleuchtet
und stand 30° hoch im Süden. Das
fotografierte Sternfeld lag bei AS Cnc 45° hoch in WSW. Die
Himmelshelligkeit betrug dort 18,0 mag/arcsec2.
Erstaunlich bleibt das starke
Rauschen der Himmelshelligkeit. Der Standardfehler der
Pixelhelligkeiten im Hintergrund beträgt 2,5 Prozent,
Abweichungen von bis zu etwa 10 Prozent vom Mittelwert kommen
vor. Das entspricht 0,025 und 0,100 mag.
In der mondlosen Nacht vom 20. zum
21. November 2020 habe ich mit demselben Objektiv und denselben
Kameraeinstellungen den Kometen
C/2020 M3
(ATLAS) fotografiert. Die durchschnittliche Himmelshelligkeit lag
bei 3225 ± 108 ADU oder 18,7
mag/arcsec2. Der Standardfehler
der Pixelhelligkeiten im Hintergrund beträgt 3,3 Prozent,
Abweichungen von bis zu etwa 13 Prozent vom Mittelwert kommen
vor.
Das entspricht 0,033 und 0,130 mag.
Die Messungen von kleineren
Helligkeiten sind mit größeren Fehlern behaftet. So sollte ein
Signal von 3225 ADU ein Photonenrauschen von
Wurzel(3225) = 57 ADU (1,8 Prozent) enthalten. Bei 7715 ADU sind
das zwar 88 ADU aber nur 1,1 Prozent. Allerdings erklärt das nur
etwa die
Hälfte der gemessenen Standardabweichungen (und noch weniger die
Ausreisser bis zu vier Standardabweichungen).
Die Suche nach der Ursache
Da muß es noch eine andere Quelle
des Rauschens geben. Eine mögliche Quelle ist das
Dunkelbildrauschen. Aber ohne Dark und Flat ändert
sich wenig am Rauschen des Himmelshintergrundes.Im ersten Bild
ergibt sich so eine durchschnittliche Himmelshelligkeit von 9082
± 228 ADU
mit einem Minimum von 8223 ADU und einem Maximum von 10011 ADU
(im gleichen Gebiet wie oben). Der Standardfehler ist wieder 2,5%
und die Ausreißer sind wieder bei 10%. Dark und Flat
vergrößern das Rauschen nicht erkennbar.
Hier hat sich ein Denkfehler eingeschlichen. Das Dark subtrahiert den Dunkelstrom, aber nicht das Rauschen des Dunkelstroms.
Bei der Addition von neun Bildern
sollte das Photonenrauschen dreimal kleiner werden. Tatsächlich
zeigt sich nach der Addition der ersten neun
Bilder vom 25.04.2021 eine Himmelshelligkeit von 69601 ± 611 ADU
(± 0,88% statt 2,5%) mit Ausreißern bis 67322 und 71877 ADU (±
3,3%
statt 10%). Das zeigt, dass das Himmelsrauschen zum größten
Teil oder ganz ein Photonenrauschen ist.
Allerdings sollte ein Signal von
69601 ADU nur ein Photonenrauschen von 264 ADU enthalten.
Gemessen wurde das 611/264 = 2,3fache.
Möglicherweise führt die Signalverstärkung bei 300 gain zu
einem zusätzlichen Rauschen. Immerhin erzeugt ein Elektron dort
etwa 10 ADU.
Alle ADU-Werte haben damit bei 300 gain eine Unsicherheit von ±
5 ADU. Hinzu kommt ein Ausleserauschen von etwa 12 ADU.
Glücklicherweise habe ich am
12.04.2021 Bilder von AS Cnc gemacht, die sich nur in der
Gain-Einstellung unterscheiden (120 statt 300 gain).
Der Himmel war aber damals deutlich dunkler mit 19,7 mag/arcsec2.
Ohne Dark und Flat, nur debayert und Grün extrahiert ergibt sich
im ersten
Bild eine Himmelshelligkeit von 425,0 ± 15,1 ADU mit Ausreissern
von 365 und 485 ADU. Hier ist der Standardfehler sogar kleiner
als das
Photonenrauschen (Wurzel(425) = 20,6). Die Ausreisser sind ±14%
vom Mittelwert (und wieder das vierfache des Standardfehlers).
Anscheinend hat die Verstärkung (gain) einen großen Einfluß auf die Qualität des Himmelshintergrundes.
Die Abhängigkeit des Himmelsrauschens von der Verstärkung
Am 07.04.2021 habe ich Bildserien mit zehn Sekunden Belichtungszeit vom
Sternfeld um U Gem mit 0, 100, 120, 200, 300, 400 und 500 gain
gemacht. Gemessen wurde die mittlere Himmelshelligkeit und ihr
Standardfehler jeweils in einem Ausschnitt von der Bildmitte des
ersten
Einzelbildes einer Bildserie (nach Dark und Flat im grünen
Farbkanal).
gain | Himmel (ADU) | 1-sigma | SNR | Faktor | Himmel/Faktor | 1-sigma/Faktor |
0 | 25,05 | 2,37 | 10,6 | 1 | 25,05 | 2,37 |
100 | 64,79 | 6,94 | 9,3 | 3,16 | 20,50 | 2,20 |
120 | 134,1 | 9,62 | 13,9 | 3,98 | 33,69 | 2,42 |
200 | 296 | 21,9 | 13,5 | 10 | 29,60 | 2,19 |
300 | 944 | 67,6 | 14,0 | 31,6 | 29,87 | 2,14 |
400 | 2866 | 211 | 13,6 | 100 | 28,66 | 2,11 |
500 | 9956 | 712 | 14,0 | 316 | 31,51 | 2,25 |
Die Meßwerte stehen in den
Spalten 2 und 3 (mittlere Himmelshelligkeit und Standardfehler in
ADU/Pixel). Das SNR in der vierten Spalte ist
jeweils der Quotient der Werte aus zweiter und dritter Spalte Die
fünfte Spalte gibt den Verstärkungsfaktor berechnet aus
Wurzel(10^(gain/100)).
In den letzten beiden Spalten ist die Verstärkung aus den
Meßwerten herausgerechnet.
Auffällig ist das das SNR für
die Bilder mit 120 bis 500 gain fast gleich ist. Die schlechteren
Werte bei 0 und 100 gain hängen wohl damit
zusammen, dass ab 120 gain der High Conversion Gain Modus
aktiviert wird und das Leserauschen vermindert.
Von den Summenbildern habe ich
kleine Ausschnitte um U Gem gemacht und auf 400% vergrößert.
Durch die wachsende Verstärkung
werden die Bilder immer heller. Für einen Vergleich der Bilder
habe ich den Himmelshintergrund so ungefähr angepaßt:
von links nach rechts Ausschnitte mit 0, 100, 120, 200, 300, 400,
500 gain
Rechts von der Bildmitte ist U Gem bei etwa 14,0 mag. Direkt
links unterhalb ist ein Stern von 14,7 mag.
Das Rauschen wird mit wachsendem Gain zwar größer aber das Signal wächst in gleicher Weise. So bleibt das SNR ab 120 gain nahezu gleich.
Auffällig sind auch die starken
Schwankungen der korrigierten Himmelshelligkeiten.Sie dürften
von durchziehenden dünnen Wolken verursacht sein.
Die Reihenfolge der Aufnahmen war 400, 300, 200, 120 gain, dann
eine Pause wegen deutlich sichtbarer Wolken und danach 100, 0 und
500
gain. In der zeitlichen Reihenfolge sind das Himmelshelligkeiten
von 28,66 / 29,87 / 29,60 / 33,69 Pause 20,50 / 25,05 / 31,51
ADU/Pixel.